Fußball-Gericht
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Meine Arbeit im Sportgericht

1978 wurde mir das Ehrenamt des Vorsitzenden des Kreisfußballgerichts angetragen.

Zwei Jahre später übernahm ich das Amt eines der vier Bezirksgerichtsvorsitzenden in Schleswig-Holstein. In beiden Ämtern habe ich viele weitere Erfahrungen – auch im verwaltungsrechtlichen Bereichen – gewinnen können. Die Verfahren vor diesen Gerichten sind prinzipiell nach den Modalitäten ordentlicher Strafgerichte durchzuführen, wenn auch in deutlich vereinfachter Form. Die Sportrichter müssen keine juristische Ausbildung durchlaufen haben. Es wird an ihren Sinn für Anstand und "Fairplay" appelliert.
Insgesamt versah ich diese Ämter rund 20 Jahre. Als Anerkennung für meine diversen Funktionärstätigkeiten erhielt ich vom Schleswig-Holsteinischen Fußballverband sowohl die goldene Ehrennadel für meine Arbeit im Jugendfußballbereich als auch die der Verbandes für die Aufbauarbeit in den  Vereinen und in der Gerichtstätigkeit für den Verband.

Rückblickend möchte ich einige - für meine höchstpersönliche Auffassung von "Fairplay" - ganz wesentliche Elemente der sportlichen (Fußball-)Gerichtsbarkeit herausstellen.

Es heißt so schön: "Vor Gericht und auf hoher See stehen wir in Gottes Hand". - Als Küstenbewohner bin ich von der Richtigkeit des Spruches "auf hoher See" überzeugt. Vor Gericht müsste das aber nicht so sein - und es darf und braucht auch nicht so zu sein. Diese Meinung habe ich auf den jährlichen Tagungen der Gerichtsvorsitzenden wiederholt und mit Nachdruck vorgetragen. Um Zufälligkeiten und/oder Bequemlichkeiten (oder gar Willkürlichkeiten  bei der Rechtsprechung) zu vermeiden, habe ich außerdem effektiv wirkende Lösungsmöglichkeiten erarbeitet - Lösungen, die wir sowohl zuerst auf der Ebene des Kreisgerichts und anschließend auch auf Bezirksgerichtsebene sehr erfolgreich umgesetzt haben. Aus langjähriger Erfahrung wissen wir ziemlich genau, welche Vorfälle immer wieder auftauchen und wie sie aus sportlicher Sicht zu bewerten sind. Deshalb haben wir (wir, das waren die beiden Kreisgerichte Dithmarschen und Steinburg sowie das Bezirksgericht III/West - das zugleich Berufungsgericht für die Kreisgerichte war) ein Verzeichnis der "üblichen" Unsportlichkeiten und Verfehlungen aufgestellt und festgelegt, wie hoch die Strafen im allgemeinen dafür sein sollten (und bisher waren).

Dieses Verzeichnis wurde vor Saisonbeginn allen Vereinen und Sportausschüssen ausgehändigt, so dass jeder vorab Bescheid wusste. Einer der Kernsätze war, dass Spieler für ihre Verfehlungen angemessen gesperrt werden und auf gar keinen Fall von den Vereinen über eine Geldstrafe statt der Sperre freigekauft werden sollten. Das stellte sich als ein recht wirksames Mittel heraus, vor allem was die Wiederholungstäter betraf, deren Zahl im Laufe der Zeit ständig abnahm...Sie (und ihre Trainer und/oder Obleute) hatten ihre Lektion irgendwann gelernt. Dennoch galt grundsätzlich immer die Einzelfallprüfung - aber eben unter Berücksichtigung des zuvor getroffenen Maßstabes. Ungleichbehandlungen der Sportler wurden somit vermieden. Die Vereine waren damit offensichtlich sehr zufrieden; sie lobten - vor allem bei den hoch interessanten mündlichen Verhandlungen - immer wieder unsere Berechenbarkeit und Fairness.

Interessant waren jedoch die Meinungen der anderen Gerichtsvorsitzenden auf unseren jährlichen Tagungen der Gerichtsvorsitzenden in Malente. Sie waren strikt gegen unserer Maßnahmen (was mich wenig beeindrucken konnte). Unter ihnen waren auch zwei aktive Amtsrichter (also aus der ordentlichen Gerichtsbarkeit), deren Meinung lautete (Zitat!):
"Der Beschuldigte hat Anspruch auf ein Urteil, nicht auf Recht!"
Diesem Zynismus kann ich nichts abgewinnen.

Und so war und ist es kein Wunder, dass gleichartige Unsportlichkeiten mit teilweise sehr unterschiedlichen Urteilen noch heute bestraft wurden.

Es stellt sich schon die Frage, weshalb die Frage, wie "Fairplay" zu bewerten ist, derart "offen" gelassen wird. Dem Sport ist damit gar nicht gedient.